May 20 2022
Time09:00
LocationHilton Vienna Plaza, Schottenring 11, 1010 Wien
„2022 die ökonomische Zeitenwende“
Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung
Rückblick:
Neue Mechanismen in Preiskalkulation aufgrund hoher Inflation
Von einer ökonomischen Zeitenwende sprach der Chefökonom der Industriellenvereinigung, Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein im Rahmen des AmCham Talks der Amerikanischen Handelskammer in Österreich, am Freitag, den 20. Mai im Hilton Vienna Plaza. Aufgrund der hohen Inflation werde nun eine neue Preiskalkulationsstrategie in der Industrie erforderlich. Die letzten Jahrzehnte habe man übliche Kostensteigerungen durch eine höhere Produktivität kompensiert. „Nun fallen die Kostensteigerungen – beispielsweise bei Energie – jedoch so hoch aus, dass die Betriebe die höheren Preise weitergeben müssen, um überhaupt weiter zu bestehen“, erklärt Helmenstein.
2022 Jahr der Superlative
Helmenstein bezeichnete das Jahr 2022 als „Jahr der Superlative“. Eine hohe Inflation war für dieses Jahr bereits vorauszusehen. „Derzeit wird die höchste Inflation in Österreich seit 41 Jahren prognostiziert“, sagt Helmenstein. „Ohne den Angriff auf die Ukraine hätten wir andererseits heuer wohl den stärksten wirtschaftlichen Aufschwung seit 50 Jahren in einer Zwei-Jahres-Betrachtung erlebt.“
Fundamentale Änderung der Energiepreise
„Dass China Europa als größten Nettoenergieimporteur abgelöst hat, bringt eine fundamentale Änderung beim Weltrohstoffpreiszyklus mit sich“, sagt Helmenstein. „Über ein Jahrhundert hinweg sanken in Phasen, in denen die USA und Europa in einer Krise steckten, auch die Energie- und Rohstoffpreise. Darin wiederum steckte schon der Keim des nächsten wirtschaftlichen Aufschwungs. In Zukunft wird die Nachfrage aus China jedoch den Weltrohstoffpreiszyklus bestimmen – wenn China sich also im Aufschwung befindet, Europa aber noch in einer Rezession, können europäische Verbraucher in Industrie und privaten Haushalten keine Entlastung bei den Energiepreisen mehr erwarten.“
Helmenstein: Welthandel wird weiter wachsen
An eine De-Globalisierung infolge der multiplen Krise glaubt Helmenstein nicht. Der Welthandel habe in den letzten Dekaden bis auf einzelne Jahre stets zugenommen. Und nach Krisen sei es in den darauffolgenden Jahren stets zu Überkompensationen gekommen. Vor allem der Welthandel mit Dienstleistungen wächst weiter stetig an. Helmenstein betonte die hohe Relevanz eines florierenden Welthandels für Europa und Österreich. „Knapp die Hälfte des intraregionalen Welthandels findet in Europa statt: so viel wie im Rest der Welt zusammen.“ Auch im Rückblick auf die heimische Inflation der letzten zehn Jahre zeige sich die Bedeutung des Welthandels. Während die Preise beispielsweise für Gastronomie und Beherbergung zwischen 2011 und 2020 stark angestiegen seien, habe die Teuerung bei Bekleidung und Fahrzeugen nur 6 Prozent über den gesamten Zeitraum betragen. Dieses Beispiel zeige, dass der Welthandel wesentlich zur Kaufkraft der privaten Haushalte beitrage, so Helmenstein.
Im Rahmen des AmCham Talks stellte Generalsekretärin Susanne Reisinger-Anders „Home of Work“ als neues Mitglied der AmCham Austria vor. Das Unternehmen ist ein Planungs- und Gestaltungsbüro für moderne, inspirierende Büro- und Arbeitswelten.