Feb 25 2022
Time09:00
LocationVirtuell
„Wie wird die COVID-19 Pandemie enden?“
Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Wagner, Experte für Microbiologie
Rückblick:
AmCham Talks mit dem Mikrobiologen Michael Wagner über mögliche Zukunftsszenarien und die Notwendigkeit leicht zugänglicher Tests
(Wien, am 1. März 2022) Im Rahmen des AmCham Talks der Amerikanischen Handelskammer in Österreich, der am Freitag den 25. Februar virtuell ausgetragen wurde, sprach der Mikrobiologe Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Wagner über die weitere Entwicklung der COVID-19-Pandemie. Wagner beschreibt drei mögliche Zukunftsszenarien und betont die Notwendigkeit eines leicht zugänglichen Testangebots.
Mögliche Zukunftsszenarien
Als Best-Case-Szenario nennt Wagner, dass neu aufkommende Varianten Omikron ähneln würden und die Intensivstationen nicht mehr stark belastet werden. „Wellen würden immer noch auftreten, wenn die Immunität in der Bevölkerung nachlässt, doch seien die Auswirkungen dieser Wellen vergleichbar mit jenen der Influenza-Wellen“, so Wagner. „Diese Wellen würden keine Eigendynamik entwickeln, sondern jeweils nur einen kleinen Teil der Bevölkerung zeitgleich betreffen.“
Das wahrscheinlichste Szenario ist für Wagner allerdings eine neue Welle innerhalb des nächsten Jahres, ausgelöst durch eine neue Virusvariante, die eine Immunflucht zeigt. „Dadurch wären Intensivstationen stärker belastet als bei der jetzigen Omikron-Welle, in der die Impfungen gut vor schweren Krankheitsverläufen schützen“, sagt Wagner. Die Situation wäre in diesem Szenario ähnlich wie bei der Delta-Welle im Herbst 2021.
Das Worst-Case-Szenario sei die Entstehung einer hochvirulenten Variante, die das Immunsystem umgeht. Die Folgen wären eine Triage und/oder ein Lockdown.
Weiterhin Risiken für vulnerable Personengruppen
„Omikron war bezüglich der Virulenz ein Glücksfall“, sagt Wagner. Die Alpha-Variante löste häufiger schwere Erkrankungsverläufe aus als der Wildtyp, die Delta-Variante häufig schwerere Verläufe als Alpha. „Dass sich mit Omikron eine Variante durchgesetzt hat, die mildere Verläufe zur Folge hat als die Delta-Variante, konnte nicht prognostiziert werden“, sagt Wagner. Die nächste Variante könne auch wieder eine schwerere Erkrankung verursachen.
Die meisten Menschen sind nicht mehr immunologisch naiv. Das heißt, sie sind bereits durch Impfung oder Infektion mit COVID-19 in Kontakt gekommen. „Während künftig Durchbruchinfektionen häufiger vorkommen, wird wahrscheinlich ein gewisses Maß an Schutz (T-Zell-vermittelte Immunität) bestehen bleiben. Doch gibt es weiterhin erhebliche Risiken für vulnerable Personengruppen. Auch Long Covid, MIS-C, möglicherweise erhöhte Diabetesrisiken und Operationskomplikationen in Folge einer COVID-19-Infektion dürfen nicht vernachlässigt werden“, sagt Wagner.
Impfungen, Medikamente und leicht zugängliches Testangebot
Derzeit verfügbare therapeutische Medikamente zur Behandlung von COVID-19 seien nur wirksam, wenn die Behandlung früh beginnt. „Daher sind leicht zugängliche und zuverlässige Tests zumindest für vulnerable Personengruppen weiterhin erforderlich“, betont Wagner. Der Übergang von der Pandemie zur Normalität brauche Zeit. Die Zwischenschritte seien nicht vorhersehbar. „Wir müssen weiterhin in Impfungen, therapeutische Medikamente und leicht zugängliche breit angelegte PCR-Tests investieren“, appelliert Wagner.